Software stoppt die Folgen von Obsoleszenz von Elektronikbauteilen
Elektronikbauteile – Steuerungen, Schaltgeräte, Frequenzumrichter, Antriebsregler oder Sensoren – haben nur eine begrenzte Lebenszeit, und die wird immer kürzer. Die durchschnittliche Lebensdauer eines Frequenzumrichters beträgt z.B. 60 Monate. Das liegt an immer schnelleren Innovationszyklen und dem rasanten technischen Fortschritt. Oft ist die Herstellung auch einfach nicht mehr ausreichend profitabel. Den Herstellern bleibt keine an de re Wahl, als die Bauteile abzukündigen und sie durch neuere, modernere und leistungsfähigere zu ersetzen. Die Industrie steht vor einem Dilemma: Denn die kurzen Lebenszyklen elektronischer Bauteile passen immer weniger zu den längeren Nutzungszeiten der Geräte und Anlagen.
Der ZVEI – Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e. V. bezeichnet den Zustand, in dem ein Gut oder Prozess nicht mehr verfügbar ist, als Obsoleszenz. Das Wort Obsoleszenz steht für „sich abnutzen, alt werden, aus der Mode kommen, an Ansehen, an Wert verlieren“ (lateinisch obsolescere). Die Folgen von Obsoleszenz sind hohe Kosten und Anlagenstillstände. Experten gehen davon aus, dass bei Geräten und Anlagen mit Lebenszyklen von über zehn Jahren bis zu 50 Prozent der gesamten Produktzykluskosten durch direkte oder indirekte Obsoleszenzfolgen entstehen.
Oft wird das Problem der Nichtverfügbarkeit eines Bauteils aber erst dann erkannt, wenn durch notwendige Reparaturen beziehungsweise Instandhaltungsmaßnahmen ein Ersatzteilbedarf eintritt. Nicht selten verursacht eine vermeintlich unbedeutende Bauteilabkündigung eine Abkündigung ganzer Baugruppen, komplexer Module oder sogar kompletter Systeme. Dringend notwendig ist hier eine frühzeitige Einführung eines Obsoleszenzmanagementsystems.
Die INspares GmbH hat genau hierfür ein System für das Obsoleszenzmanagement in produzierenden Unternehmen entwickelt. Die Idee dahinter: Wenn man alle Elektronikbauteile in einem Unternehmen digital erfasst und in einer zentralen Datenbank speichert und dies für viele Unternehmen realisiert, entsteht eine gigantische Datenbank mit vielen Tausend Elektronikbauteilen.
Verknüpft man diese Datenbank mit den Daten der Hersteller (Siemens, SEW, Lenze, Schneider Electric, Rockwell usw.), so können diese ihre Informationen über eine bevorstehende Abkündigung dort einspielen. Daraus entsteht ein System, bei dem jeder Nutzer eines abgekündigten Elektronikbauteils frühzeitig automatisch über die Abkündigung informiert wird. Die Lösung setzt dabei an drei unterschiedlichen Stellen an: in der Planungs- und Konzeptionsphase, bei der Auslieferung und im produktiven Einsatz beim nutzenden Endanwender. Idealerweise greifen diese Stellen ineinander und hinterlassen keine Lücken.
Planungs- und Konzeptionsphase
Im industriellen Umfeld nutzen viele Anlagenbauer die Software der Firma Eplan. Die Software greift auf Bauteillisten vieler Hersteller zu, um eine Maschine, Anlage oder einen Schaltschrank konstruieren und planen zu können. Durch eine geplante Kooperation zwischen der INspares GmbH und Eplan könnte deren Software an die Bauteiledatenbank von Inspares angebunden werden, sodass dem Ingenieur bereits während der Planung und Konstruktion die Informationen über die Abkündigung von verwendeten Bauteilen zur Verfügung stehen. Er kann somit bereits in dieser frühen Phase diese Bauteile ersetzen. Auch Anlagenintegratoren wer den ins Boot geholt. Im Rahmen der Endabnahme beim Kunden wird eine Prüfung durch Abgleich mit der Inspares-Datenbank auf vorhandene Obsoleszenz bei verbauten Bauteilen durchgeführt. So wird das Problem entdeckt, bevor die Anlage in Produktivbetrieb geht. Hierzu reicht die Summenartikel-Stückliste, um einen Abgleich durchzuführen. Inspares liefert dann die Rückmeldung über ein Ampelsystem.
Permanenter Rundumblick
Im Zentrum der Lösung stehen die produzierenden Unternehmen. Denn ohne zu wissen, welche Elektronikbauteile im Unter nehmen zum Einsatz kommen, funktioniert das ganze System nicht. Zu Beginn erfolgt also eine Datenerfassung und Katalogisierung aller Elektronikbauteile. Mithilfe der App werden alle relevanten Daten und Parameter aufgezeichnet, inklusive Fotos vor Ort.
Diese Informationen bieten dem Unternehmen einerseits einen 360-Grad-Blick auf seine Bauteile, deren Lebenszyklus, Spezifikationen und Lieferanten. Es werden im Durchschnitt rund 70 Bauteile pro Stunde erfasst. Andererseits wird die zentrale Datenbank von Inspares gefüttert.
Wird nun von Hersteller A ein Bauteil abgekündigt, erfährt der Kunde davon und kann geeignete Maßnahmen ergreifen. Zum Beispiel wird geprüft, wie oft das Bauteil verbaut und an welchen kritischen Stellen es im Einsatz ist.
Auf diese Art und Weise bekommt das Management Entscheidungshilfen, um zielgerichtet Entschei dungen treffen zu können. Muss der Lagerbestand erhöht werden? Muss ein Retrofit budgetiert und geplant werden? Oder möchte man weiter auf Risiko fahren? Wichtig ist nur, dass das Management einbezogen werden kann, denn es gibt jetzt belastbare Zahlen.
100 Prozent Transparenz
Wie bereits angedeutet, bietet eine zentrale und herstellerneutrale Bauteildatenbank neue, bisher nicht vorstellbare Insights und Statistiken für alle Beteiligten.
Jeder Hersteller eines Elektronikbauteils erhält zukünftig Informationen darüber, wie oft sein Bauteil tatsächlich im Einsatz ist. Der Anwender, also das Industrieunternehmen weiß, wie viel Stück eines Bauteils A im Einsatz und wie viele davon auf Lager sind – und wie viel Stück beim Hersteller auf Lager sind bzw. wie schnell diese geliefert werden könnten.
Mithilfe moderner KI ist die INspares- Software sogar in der Lage, Prognosen und Wahrscheinlichkeiten über einen demnächst anstehenden Bauteilausfall oder eine bald anstehende Abkündigung abzugeben. Hierfür wird auf eine schnell wachsende Datenbasis plus historische Daten zurückgegriffen. Das Risiko eines Anlagenstillstands aufgrund des Ausfalls eines Elektronikbauteils wird so minimiert, wodurch das System insgesamt auch einen Beitrag zum Umweltschutz und Energiesparen leistet. Weil unnötige Produktionsstillstände vermieden werden können, werden beispielsweise auch hektische Taxifahrten mit Ersatzteilen quer durch Deutschland obsolet.
Anbindung externer Dienstleister
Die Geschichte ist an dieser Stelle noch nicht zu Ende: Durch die Anbindung externer Dienstleister entstehen neue Geschäftsmodelle. Bindet man beispielsweise Reparaturdienstleister an, so können diese auf Basis der Prognosen und Wahrscheinlichkeiten von möglichen Bauteilausfällen proaktiv agieren und bereits beim Kunden anklopfen, bevor das entsprechende Bauteil ausfällt.
Auf der anderen Seite erfährt der Kunde, also das Industrie un ternehmen, dass ein Bauteil, das gegebenenfalls ausfallen könnte, von einem Reparaturdienstleister auch repariert werden kann. Statt Austausch wird repariert, was immense Kosten spart. Auch Logistik-Dienstleister könnten an die Datenbank andocken. So erfahren sie frühzeitig, wo und bei wem akut und demnächst Bedarf für Ersatzteile ist und können dann sofort liefern.